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Der ostdeutsche Citoyen. Beobachtungen zu Tiefenstrukturen der Demokratieentwicklung in Marzahn-Hellersdorf. Generationen, Erfahrungen, Erkenntnisschranken
In: Sozialer Fortschritt: unabhängige Zeitschrift für Sozialpolitik = German review of social policy, Band 68, Heft 8-9, S. 701-729
ISSN: 1865-5386
Zusammenfassung
Dieser Artikel versteht sich als Forschungszwischenbericht sowie Kritik an bisherigen Erklärungsansätzen zur bisherigen Demokratieentwicklung in Ostdeutschland seit 1990. Am Beispiel des Ost-Berliner Bezirkes Marzahn-Hellersdorf wird auf der Basis qualitativer, narrativ-biografischer Interviews mit Bürger_innen des Bezirkes thesenartig zum einen eine Kritik traditioneller politiktheoretischer Begriffe wie privat und öffentlich, sozial und politisch am Material entfaltet. Dabei erscheinen die in der Bundesrepublik epistemisch 'erfolgreichen' politikwissenschaftlichen Begriffe von Zivilgesellschaft, Engagement und Politik für Ostdeutschland unzureichend. Zum anderen wird auf der Basis des qualitativen Datenmaterials die These von der Entstehung einer ostdeutschen Öffentlichkeit, einer Ost-Sphäre vorgestellt und historisch hergeleitet. Sie verdankt ihre Existenz einem kollektiven Entfremdungsprozess des Citoyens dem Gemeinwesen gegenüber. Dabei wird festgestellt, dass populäre Diagnosen über eine unterentwickelte Zivilgesellschaft in Ostdeutschland, verursacht durch die DDR-Vergangenheit, nicht aufrechtzuerhalten sind.
Abstract: The East German Citoyen. Notes on Deep Structures of Democracy Development in Marzahn Hellersdorf. Generations, Experiences, Frontiers of Perception
This article is intended as an interim research report as well as a critique on previous explanatory approaches to the democracy development in East Germany since 1990. Based on qualitative, narrative-biographical interviews with citizens of Marzahn-Hellersdorf, a critique on traditional concepts of political sciences such as private and public, social and political is developed. Applied to this East Berlin district, it is shown that epistemically in West Germany 'successful' notions of civil society, political activism and the Political are not suitable enough for a deeper understanding of East German terms. Moreover, based on the qualitative data, the hypothesis of the emergence of an East German public, an Eastern-sphere, is presented and derived historically. It owes its existence to a collective process of alienation between the citoyen and the polity of the Federal Republic of Germany. It is claimed that currently popular notions of an alleged backward civil society in East Germany, caused by the GDR past, cannot be sustained.
GESCHICHTSMYTHEN NACH 1989: DDR-Forschung und Geschichtsmythen; Bemerkungen zu herrschenden DDR-Bildern, ihren Kontexten und wissenschaftlichen Ansätzen
In: Zeitschrift marxistische Erneuerung, Band 20, Heft 79, S. 54-66
ISSN: 0940-0648
Antisemitischer Antizionismus von links?
Seit längerem wird heftig darüber diskutiert, ob es in der DDR Antisemitismus gab. Einige VertreterInnen der Debatte weisen dies mit dem Hinweis darauf zurück, dass die DDR vor allem auf ihrem antifaschistischen Mythos fußte. Andere AutorInnen hingegen gehen davon aus, dass Antisemitismus bereits im spezifischen DDR-Antifaschismus, der die Shoah marginalisiere, selbst deutlich werde. Es gebe außerdem eine lange Tradition des antijüdischen Vorbehalts in der Arbeiterbewegung. Beide Sichtweisen sind ahistorisch und vernachlässigen die "deutschen" Kontinuitäten des ostdeutschen Staates. In der vorlegten überarbeiteten Magisterarbeit wird die Frage nach Antisemitismus auf die antizionistische AgitProp der DDR gerichtet; dies geschieht am Beispiel der Nahostberichterstattung des Neuen Deutschland (ND) während des Libanonkrieges 1982 und der "Intifada" 1987/88. Die Ergebnisse der Analyse werden in eine ideengeschichtliche Beziehung mit Lenins und Stalins Positionen hinsichtlich des Zionismus sowie mit den stalinistischen Verfolgungen der 1950er Jahre gesetzt. Die AgitProp wird ebenso vor dem Hintergrund betrachtet, dass die DDR eine der Nachfolgegesellschaften des "Dritten Reiches" war. 1982 erreichte die Radikalität der antizionistischen AgitProp ihren Höhepunkt. Im Rahmen der Leninschen Imperialismustheorie wurde Israel seit 1967 als tendenziell "faschistisch" charakterisiert. Dieses Motiv verradikalisierte sich 1982 zu einer Empörung, in der es zu einer regelrechten Gleichsetzung der israelischen Politik mit dem NS kam. Man warf Israel etwa vor, "einen Vernichtungskrieg" zu führen, der die "Endlösung des Palästinenserproblems" herbeiführen solle. Im Jahre 1988 kam es dagegen, trotz neuerlicher Eskalationen im Nahostkonflikt während der "Intifada", zu einem Wandel in der Berichterstattung. Zeitgleich mit einer ungewohnt positiven Darstellung jüdischer Organisationen entschärfte sich im ND der Ton bezüglich Nahost. Die Analyse, der eine notwendige theoretische Bestimmung des Antisemitismus-Phänomens vorausgeht, zeigt, dass die antizionistische AgitProp im ND vor allem auf die geschichtsrelativierenden Befindlichkeiten der ostdeutschen Nachkriegsgesellschaft eingeht und sich z.T. aus dem Stichwortkatalog der Staatslehre des Marxismus-Leninismus bedient. ; In the last two decades there has been an intensive debate concerning the question whether anti-Semitism existed in the German Democratic Republic. Referring to the fact that the GDR was primarily based on their anti-fascist myth, some participants of the debate deny the existence of this phenomenon in East Germany. In opposite to them, there are others who claim that anti-Semitism indeed existed not despite, but because of the East German anti-fascism, which marginalized the Holocaust. This anti-fascism, they say, is a result of a long tradition of anti-Jewish prejudices in the labour movement. Both approaches have proven to be ahistorical because they both ignore the influence of German continuities in the GDR. My research focuses on the anti-Zionism in the newspaper "Neues Deutschland" with its media coverage of the Middle East Conflict during the Lebanon war in 1982 and the "Intifada" in 1987/88. In order to classify the media coverage according to the scientific method of "history of ideas", my research compares it to Leninist and Stalinist approaches towards the idea of a Jewish state. Furthermore I analyse the press content in comparison to the Stalinist cleansings in the 1950s and examine the GDR as one of the successor societies of the "Third Reich". In 1982 the anti-Zionistic propaganda in the GDR reached its highest peak. Following the Leninist Imperialism-Theory, Israel was categorized as a tendencially "fascist" state since 1967. In 1982 this motive led to the identification of Israel with the NS-regime. The press pretended that Israel would fight a "war of extermination" against Palestinians in order to accomplish a so-called "Final Solution of the Palestinian Question". In 1988 - while the Middle East Conflict escalated again as a result of the "Intifada"- the media coverage had gone through a remarkable change. Coinciding with an unusual positive representation of Jewish organizations, the attitude towards the Middle East Conflict was then reduced to a more diplomatic ton. This analysis which is primarily based on a theoretical classification of the term "anti-Semitism" shows in the end that the anti-Zionistic propaganda in "Neues Deutschland" - which used partly the tags and vocabularies of the state official Marxism-Leninism - tried to satisfy the (East) German needs to suppress history.
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Demokratienähe und -distanz
Das von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin geförderte Projekt "Demokratieferne Einstellungen in einer Kommune. Das Beispiel Marzahn-Hellersdorf" untersucht, wie es zur Entstehung demokratiedistanzierter Einstellungen bis hin zu menschenfeindlichen Handlungen kommen kann. In dem hiermit vorgelegten Zwischenbericht stehen folgende Fragestellungen im Mittelpunkt, deren Beantwortung Handlungsmöglichkeiten für Vertreter_innen demokratischer Organisationen und Parteien eröffnen: Welche Bürger_innen entwickeln demokratieferne Auffassungen und wie sollten demokratische Institutionen und ihre Repräsentant_innen mit ihnen umgehen?
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